Der Landschaftspark in Duisburg eignet sich hervorragend, um nach einer anstrengenden Arbeitswoche ein interessantes und aufregendes Wochenende zu erleben. Das mag man sich zunächst womöglich gar nicht vorstellen, denn nach der Anreise am frühen Freitagnachmittag steht man erst einmal ein wenig verloren vor der braunen Industriekulisse eines ehemaligen Hüttenwerks. Hier soll man nun sein kostbares Wochenende verbringen? Zwischen Hochofen und Schornstein? Bereits seit 1985 sind diese aber nicht mehr in Betrieb und neun Jahre später wurde das Gelände der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Um sich mit dem zu einem Landschaftspark umgestalteten Hüttenwerk vertraut zu machen, sollte man zunächst einen der Wanderwege anvisieren. Der industriegeschichtliche Rundweg informiert mit Hinweistafeln über die Geschichte des Werks und führt einen in die weitläufigen Außenanlagen. Man wandert über Schotterwege ehemaliger Bahntrassen und an einem Windrad vorbei, das an legendäre Wildwest-Filme erinnert, bis zu einer pyramidenförmigen Erhebung, von der aus man das gesamte Areal überblicken kann. In den dunklen Abendstunden sollte man sich einer der Führungen anschließen, die von ehemaligen Mitarbeitern geleitet werden. Mit Fackeln und Taschenlampen erkundet man das Gelände und bekommt hautnah erzählt, wo das Roheisen abgestochen wurde und in welchen Bunkern Koks und Erz gelagert wurden. Diese Bunkeranlagen sind es dann auch, die man am nächsten Morgen bei Tageslicht besser erlebt. Der Samstag steht ganz im Zeichen des Kletterns. An steilen Betonwänden hat der Deutsche Alpenverein Klettermöglichkeiten errichtet, an denen man sich nach Herzenslust austoben kann. Ebenfalls hoch hinaus geht es in der ehemaligen Gießhalle, wo ein Hochseilparcours an Stahlkonstruktionen vorbeiführt, die eindrucksvolle Erinnerungen hinterlassen.
Den Abend lässt man bei einer der vielen Veranstaltungen ausklingen, die in den Sommermonaten stattfinden – sei es nur eine Lesung im kleinen Kreis oder das Open-Air-Kino vor interessanter Industriekulisse. Hobbyfotografen werden sich jedoch lieber alleine beschäftigen, denn das farbenfroh illuminierte Hüttenwerk bietet faszinierende Fotomotive, bei denen man ein Stativ zur Hand haben sollte. Am Sonntagmorgen heißt es dann Umziehen. Im Neoprenanzug steigt man in die Tiefen des Gasometers ab. Wo früher Gichtgas gelagert wurde, befinden sich heute 21 Millionen Liter Wasser, in denen ein Tauchverein zu spannenden Entdeckungstouren einlädt. Zu sehen gibt es zum Beispiel ein künstliches Riff oder das Wrack einer Motorjacht in rund 13 Metern Tiefe.
Zum Abschluss des Wochenendes geht es dann noch einmal so richtig hoch hinaus. Hochofen 5 wurde zu einem Aussichtsturm umgestaltet und kann über angerostete Leitern bis in eine Höhe von 70 Metern erklommen werden. Nur zwölf Jahre diente der Hochofen seinem eigentlichen Zweck, bereits eine viel längere Zeit ist er die Hauptattraktion im Landschaftspark und bietet einen herrlichen Rundumblick über das westliche Ruhrgebiet. Und ehe man sich versieht, ist das Wochenende um und man hätte viel länger bleiben wollen.
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Aus: RUHRGEBIET. Die 99 besonderen Seiten der Region, entdeckt von Michael Moll, mitteldeutscher verlag 2015, S. 13-15. Mit freundlicher Genehmigung des mdv.